Maputo

2017 kannten wir Maputo nur von Henning Mankells „Chronist der Winde“, ein Roman über den zehnjährigen Anführer einer Straßenkindergang in Maputo – und machten einen Bogen um die Hauptstadt. 2023 sind wir mutiger und schon bei unserem ersten Rundgang sehen wir eine Gruppe von zerlumpten, schmutzigen Jungs, von denen angeblich Tausende verwaist durch die Straßen stromern. Aus Sicht der mosambikanischen Landbevölkerung herrscht hier der Wohlstand, aus unserer mitteleuropäischen Sicht ist es die pure Armut. Die Müllcontainer gegenüber unserem Hotel werden den ganzen Tag über durchwühlt – oft nur im Abstand von wenigen Minuten. Während es z.B. in Nairobi eine klare Trennung zwischen den Wohnvierteln der Reichen mit großen Gärten, sauberen Straßen und edlen Restaurants und den Slums wie Kibera gibt, scheint hier alles ineinander überzugehen. Kaum hat man im Botschaftsviertel ein schönes Haus entdeckt, stehen wenige Meter weiter Häuserruinen. Maputo als „das Havanna Afrikas“ zu bezeichnen, scheint uns krass übertrieben.

Und dann doch: Die 9 Meter große Bronzestatue des ersten Präsidenten, Samora Machel, erinnert uns an Kuba und die Statue von Che Guevara in Santa Clara. Aber hier pilgern keine Menschenmassen vorbei. Die Machel-Statue ist übrigens ein Geschenk aus Nordkorea, von der Kim-Dynastie. Die sozialistischen Freunde lassen sich nicht lumpen. Machel war gut befreundet mit Nelson Mandela und soll ihm gesagt haben, „wenn ich mal tot bin, kannst Du meine Frau heiraten“. Machel kam 1986 bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz ums Leben. Und 1998 heiratete Nelson Mandela tatsächlich die Witwe, Graca Machel. Sie ist die einzige Frau, die in zwei Staaten First Lady war.

Wir erkunden die Stadt zu Fuß, was allein schon ein Abenteuer ist, denn die Wege erlauben im Gehen praktisch keinen Blick zur Seite oder nach oben: Mal türmen sich die Pflastersteine auf, mal fehlt ein Kanalisationsdeckel und man sieht das Abwasser unten vorbeirauschen. Und obwohl sich die Straßen schachbrettartig durch die Stadt ziehen (dabei meist Namen von sozialistischen Freiheitskämpfern tragen), verlaufen wir uns prompt und sind plötzlich mitten im Markt in der Altstadt. Frauen sitzen auf der Straße und bieten ein ärmliches Angebot an Obst und Gemüse an. Wir sind die einzigen Weißen weit und breit und in diesem Moment sehr froh, weder Kamera noch Rucksack, weder viel Geld noch unsere Pässe mitgenommen zu haben. Das mulmige Gefühl lässt erst nach, als wir wieder in der Oberstadt sind und bei einem Bier in einem wirklich eleganten Musik-Café sitzen. Das ist dann doch ein bisschen wie Havanna.

Einer der vielen Menschen, die aus Müllcontainern leben.
Gehört man hier schon zur Mittelschicht?
Vergangene Pracht
Die katholische Kathedrale …
… und gegenüber der erste Staatspräsident, Samora Machel.
Sozialisten aller Länder …
Ob die zwei sich in der Hölle treffen, wissen wir nicht. Aber in Maputo kreuzen sie sich schon mal.
Vergehen und Entstehen
Mal ein reichhaltiges Obstangebot
Auszeit

4 Antworten zu „Maputo“

  1. Avatar von Johannes Baillou

    In Darmstadt gibt es das Komponistenviertel. In Maputo das Viertel der Freunde der Menschenrechte…

    1. … und weil die Menschenrechte täglich verteidigt werden müssen, ziert eine Kalaschnikow die Flagge Mosambiks.

  2. Immer wieder toll Eure Reiseberichte zu lesen.
    Höre beim Plätzchen backen gerade Eure UHU 50 CD – lang ist’s her.
    Liebe Grüße und weiterhin eine tolle Reise
    Babsi

    1. Gute Idee. Sowohl die Plätzchen als auch die 17 (!) Jahre alte CD.

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